Eine Woche nach der Geburt: Babyblues im Wochenbett

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Es ist das dritte Kind und trotzdem hat es mich ziemlich überraschend überrollt: Der Babyblues hat voll zugeschlagen. Das Einfinden als neu zusammengewürfelte Familie tut ihr übriges dazu.

Juhuuu, Sonntag fielen die ersten drei Schneeflocken. Und die Mädels wollten das natürlich nutzen. Hab ich als gute Mama natürlich mitgemacht. Ob das so eine super Idee war?

Auf den ersten Fotos der Mädels sehe ich ziemlich gut aus. Strahlend, glücklich. Bei Johanna war ich einfach so fasziniert von all dem Neuen, dass ich nicht aufhören konnte, dieses neue Wesen, geschaffen aus Liebe, anzustarren. Allerdings auch, um mir einzuprägen, wie sie ausschaut. Damit keiner auf die Idee kommt, mir ein anderes Kind unterzujubeln.

Bei Pauline war ich so geflasht davon, eine spontane Geburt geschafft zu haben, die auch noch so schnell ging, dass ich wie auf Wolken schwebte. Dazu klappte auch noch das Stillen auf Anhieb viel besser als beim ersten Kind! Totaler Hormonrausch. Und trotz der Schmerzen von den Geburtsverletzungen, die übrigens nicht unerheblich waren, war ich einfach nur voller Liebe, Liebe, Liebe. Tja. Im Hormonrausch bin ich auch jetzt. Aber dieses Mal sind die Hormone miese kleine Arschgeigen. Denn ich bin immer noch fix und fertig.

Ich flenne. Seit der Kleine draußen ist, hab ich permanent ein Tränchen im Auge. Zuweilen auch einen ganzen Strom. Mit Wasserfall am Ende. Eine gemeine, kleine Stimme in meinem Hinterkopf flüstert mir fiese Sachen zu. „Jetzt weint die Große, weil du nur die Mittlere und den Kleinen gleichzeitig schlafen legen kannst. Du hast nicht genug Kapazitäten für alle drei.“ Das zum Beispiel. Dabei war das vorher schon so. Simon begleitet Johanna in den Schlaf, ich Pauline. Und ich bin froh, dass die Mädels ihren kleinen Bruder vergöttern! Die reißen sich darum, dass er bei ihnen im Bett schlafen darf. Aber Johanna muss als älteste und verständigste Maus im Haus jetzt öfter zurück stecken. Und das ist Scheiße. Es tut mir leid um sie, weil es nicht gerecht ist. Und ich vermisse sie wie Sau. Überhaupt brauche ich gerade extrem viel Liebe und Zuwendung. Von den Kindern, von meinem Mann. Und wehe, da kommt mal nicht genug. Zack – Ich flenne. Heute Morgen haben wir Terminator geschaut, weil mein Mann der Meinung ist, dass ich eine gewaltige Bildungslücke habe, weil ich den Schinken aus meinem Geburtsjahr nie gesehen habe. Was soll ich sagen? Wieviele Menschen gibt es, die bei Terminator Rotz und Wasser geheult haben? Ja, dacht ich mir.

Woher kommen all diese Zweifel? Versagensängste? Und das minderwertige Selbstwertgefühl? Letzteres ist ja auch schon wieder so ein Ding. In der Schwangerschaft habe ich 14 Kilo zugenommen. Mehr als in den anderen beiden. Nach dem Krankenhaus steige ich erwartungsfroh daheim auf die Waage und was zeigt die an? -4,2 Kilo. Say WHAT??? Lumpige 4,2 Kilo? Was ist das denn für eine Kacke? 3,2 war ja schon das Baby! Gut, ich hab auch gerade Atom-Möpse, die auch einiges auf die Waage bringen aber ich bin trotzdem enttäuscht. Hätt ich mal lieber lassen sollen – das Wiegen. Und was ich auch hätte lassen sollen: Sofort wieder so viel Gas geben zu wollen.

Am Sonntag war ich mit den Girls zum Schneemannbauen im Park. Am Montag hatten wir U2 beim Kinderarzt. Weil die Sonne dieser Tage so schön scheint und ich mich so fit fühl(t)e, spazierte ich die drei Kilometer dort hin – und klappte im Wartezimmer zusammen. Von jetzt auch gleich hatte ich unfassbare Unterleibsschmerzen, ähnlich der Wehen kurz vor der Austreibungsphase. Dazu Schüttelfrost, Schwitzen. Den Schmerz musste ich mit Tränen in den Augen (und da sind sie wieder!) veratmen. Kurzerhand wurde ich vom Praxisteam auf eine Liege bugsiert. Die nette Sprechstundenhilfe stellte viele Fragen zum Wochenfluss und den Beschwerden nach der Geburt. Spannend. Hat im Krankenhaus keiner gemacht. Und ne Abschlussuntersuchung hatte ich auch nicht. Weil die alle so lieb zu mir waren, kam ich auch da aus dem Heulen nicht mehr raus. Hui. Da hat sich ganz schön was aufgestaut! Nach einer guten halben Stunde war der ganze Spuk vorüber.

Gestern war mein Mann den ganzen Tag arbeiten und ich musste mittags los, um Paulinchen abzuholen. Auf dem Rückweg passierte genau das Gleiche wie in der Praxis am Vortag. Keine Ahnung, wie ich es nach Hause geschafft habe. Der Weg von der Kita bis zur Haustür kam mir jedenfalls selten länger vor. Danach habe ich drei Stunden flach auf der Couch gelegen. Dann legte sich der Schmerz wieder. Und jetzt? Hat Simon eine Woche Urlaub dran gehangen und mir Hausarrest erteilt. Finde ich das gut? Nein. Ich hasse es. Fühle mich eingesperrt und einsam. Nicht zu können, wie ich will, vor allem was die Versorgung und Unterhaltung meiner Mädels angeht, fühlt sich schrecklich an. Was ich dagegen tun kann? Keine Ahnung. Aber vielleicht hilft ja ein bisschen heulen. Das zumindest kann ich gerade echt gut.

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