Wo ist denn der Vater?
Im Moment ist er auf Geschäftsreise. Die Frage wurde mir aber auch schon gestellt, wenn der Gesuchte direkt neben mir stand. Klingt nicht nur kurios, ist es auch.
Eines vorweg: Ich liebe meinen Mann sehr und finde, dass wir ein spitzen Team sind. Allerdings eines, dass für Außenstehende nicht ganz schlüssig funktioniert. Zumindest scheint es so. Die Leute haben nämlich oft das Gefühl, dass der Simon sich arg im Hintergrund hält. Als wir neulich U-Bahn gefahren sind, waren die Girl besonders gut drauf und wollten gerne in Dauerschleife meine Performance von „Wir sind die grünen Mäuse“ hören. Das ist ein Kinderlied, zu dem ich sie an den entsprechenden Stellen durchkitzle. Finden sie unglaublich lustig und hilft, langweilige Fahrten zu überbrücken. Ich hocke dann direkt vor ihnen am Kinderwagen und flüster-singe, um den Rest der Welt nicht zu nerven. Die Mädels sind da hemmungsloser. Die gackern und kreischen und lachen. Auch trotz Ermahnungen. Sie geben sich schon Mühe, vergessen aber drei Sekunden später, dass sie ja eigentlich leise sein sollen. So weit, so normal. Oft verdrehen Menschen dann genervt die Augen. Was ich besonders hasse: Mit der Zunge schnalzen. Ey! Dann sagt halt einfach, was euch stört! Aber: Es gibt auch immer freundlich gesinnte Menschen. Die fragen dann gern auch nach: „Sind das Zwillinge?“ Ähm nein, nur nah bei einander. „Und Nummer drei ist auch unterwegs!“ Ganz genau. „Wo ist denn der Vater?“
Beim ersten Mal hab ich kurz doof geguckt. Wie, wo ist der Vater? Na, der steht doch hier direkt neben mir. War da genau so. Aber dem ist Öffentlichkeit peinlich also hält er sich im Hintergrund. Er findet es peinlich, in der Öffentlichkeit zu singen, was ich absolut nachvollziehen kann. Geht mir nämlich auch so. Aber wenn‘s um die Girls geht, kann ich mein Schamgefühl gut verdrängen. Fing damals beim Stillen an. Wenn das Kind Hunger hat, hat es eben Hunger und nicht erst wenn wir daheim sind und ich die Möpse ohne Publikum raus lassen kann. Hilft ja nix. Jedenfalls meinte der Typ in der U-Bahn dann, dass man von dem Papa ja gar nix merkt. Joar… Was soll man darauf bitte erwidern?
Die Frage wurde mir allerdings schon öfter gestellt. Zum Beispiel im Kindergarten, der Krippe, im Supermarkt. Gibt es auch einen Papa dazu? Ja, klar! Zumindest biologisch MUSS es ja wohl einen geben. Und nur weil ich meistens allein mit den Mädchen unterwegs bin, heißt das ja nicht, dass ich unseren kompletten Alltag bestreiten muss. Ich hole sie ab, bin bei sämtlichen Veranstaltungen der Kita dabei, auf Kindergeburtstagen, begleite Hobbys und unterstütze beim Pflegen der Freundschaften. Außerdem schmeiße ich den Haushalt, gehe einkaufen, bin komplett allein fürs Verköstigen meiner Familie zuständig und organisiere unser Social Life. Und bis vor kurzem habe ich Vollzeit gearbeitet. Wahrscheinlich war das der Punkt, der für Irritation gesorgt hat. Aber von den Arbeitszeiten war es einfach so, dass ich den Nachmittag „Zeit“ hatte und damit nun mal verantwortlich für die Kinder bin. Dass ich jeden Tag um 9 schlafen gegangen bin weil der Wecker um 5 Uhr wieder klingelte und ich mit meinem Mann nur noch per WhatsApp und Zettel kommuniziert habe, riecht ja keiner.
Ich bin froh, dass Simon die Mädels morgens in die Kita bringt. Auch jetzt, wo ich daheim bin. Dann kann ich schon um acht zur Physio und schaffe es auch mal zum Sport. Außerdem ist das Zubettbringen vieeeeeeel leichter wenn er da ist. Dann bekommt er Johanna und ich Pauline und jedes Kind wird exklusiv einschlafbegleitet. Simon arbeitet, viel, gern und lange. Vor sieben ist er selten daheim und für mich ist das völlig in Ordnung. Ich kenne es aber auch nicht anders.
Wenn der Kleine da ist und ich dann später auch wieder arbeiten gehe, werden die Karten bzw. die Aufgabenverteilung wieder neu gemischt. Aber sind wir echt so ungewöhnlich? Ich glaub ja nicht.
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