Später Babyblues oder was ist da (bei mir) los?
Seit zwei Wochen fühle ich mich nicht so. Mache aber trotzdem immer weiter wie gewohnt. Vielleicht mache ich sogar ein bisschen mehr. Um es mir selbst zu beweisen. Ob ich wohl eines Tages einfach umfalle? Und was hat Corona damit zu tun?
Ich hab ein bisschen Schnupfen. Und ein ganz klein wenig Halskratzen. Außerdem fühle ich mich einfach nicht so auf der Höhe. Das lässt sich gar nicht so recht an irgendwelchen festen Sachen ausmachen. Ist aber so. Ich habe mich schon gefragt, ob es so eine Art Überlastungs-Fieber gibt. Denn ich kann den ganzen Tag durchpowern. Aber spätestens am Nachmittag (gegen vier, fünf) habe ich einen heißen Kopf und das Gefühl, jeden Moment zusammenbrechen zu können. Nie so schlimm, dass ich ERNSTHAFT damit rechne aber es fühlt sich nicht gut an. Und weil es in diesem Jahr nun mal kein anderes Thema gibt, flüstert so ein Stimmchen in meinem Hinterkopf: „Hast du vielleicht Corona?“
Totaler Quatsch eigentlich. Kein einziges typisches Symptom. Nix Fieber, Geruchs- oder Geschmacksverlust. Andererseits kann ich mich bei bestem Willem nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so lange am Stück irgendwie am kränkeln war. Dazu diffus niedergeschlagen. Ich habe es bisher darauf geschoben, dass ich beruflich in den Seilen hänge. Und dass unsere Kinderplanung, nicht ganz freiwillig, abgeschlossen ist. Auf die Hormone! Schließlich ist Alex jetzt schon zehn Monate alt. Der erste Geburtstag naht. Die Eingewöhnung läuft und überhaupt haben wir praktisch übermorgen kein Baby mehr. Ich verkaufe nach und nach unsere Babysachen. Der Aufsatz vom Tripptrapp: verkauft! Schließlich sitzt Alex prima und seit Monaten. Dazu wiegt er gute zehn Kilo. Da können wir ihn nicht länger in das Ding quetschen. Oder wie Simon sagt: „Es ist nur ein Stück Plastik“! Recht hat er. Es gibt keinen Grund, dem Teil nachzutrauern. Vor allem nicht in einer Welt, in der man ratzfatz ein neues gebrauchtes nachkaufen kann, falls doch nochmal ein Baby kommt.
Ekelhaft, diese Sentimentalität! Der Wollanzug, den er trug, als wir aus dem Krankenhaus kamen, war auch so ein Emotions-Hackebeil für mich. Aber wieso eigentlich? Ist doch wurscht. Was sollen die Sachen in unserem ohnehin übervollen Keller? Im schlimmsten Fall gammeln sie da vor sich hin und dafür sind sie einfach zu schade. Die Mädchensachen habe ich jetzt alle, in einem großen Schwung, an eine Freundin verschenkt. Das ging genau so schwer. Dabei weiß ich bei ihr, dass sie wirklich in guten Händen sind. Dass sie sie wirklich brauchen kann und überhaupt. Ich sehe sie ja so wenigstens noch einmal wieder. Ach Mann… Ich bin offensichtlich noch nicht bereit, Abschied zu nehmen. Aber ist man das jemals wirklich?
Kommt eines Tages der Moment, an dem ich mit Erleichterung und Überzeugung sagen kann, jetzt sind wir fertig? Es ist alles wunderbar so, wie es ist. Auf die ersten Jahre habe ich auch so gar keinen Bock mehr und zum Glück werden unsere Kinder immer selbstständiger und größer? Ich baue jetzt einfach mal auf das nächste Jahr. Da wird Johanna voraussichtlich eingeschult und über die Schule sagen bekannte Eltern durch die Bank weg, dass es furchtbar anstrengend wird und dass wir froh sein sollen, wenn wir in dieser Zeit nicht auch noch ein Baby versorgen müssen. Na, da freu ich mich aber schon drauf! Und jetzt höre ich lieber auf mit der Schreiberei. Ich merke richtig, wie meine Schwermut in die Tastatur tropft und das kann ja echt keiner wollen.
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