Kinder und Sozialer Abstieg
Eigentlich hätte ich gerne vier Kinder. Warum? Keine Ahnung. Kinder sind Herzenssache. Da braucht es nicht immer rationale Erklärungen. Doch diesen Wunsch werden wir uns nicht erfüllen. Denn wir können es uns nicht leisten.
Wir leben in einer extrem teuren Stadt. Auf dem Spielplatz hat mir neulich eine Bekannte erzählt, dass sie jetzt aufs dritte Kind vorerst verzichten, weil sie sich ein Haus gekauft haben. Im Münchner Speckgürtel, weil man sich München selbst ja nicht leisten könne. Was es gekostet hat, habe ich gefragt. Sie antwortete freudestrahlend, dass sie dieses Schnäppchen für sogar knapp unter einer Millionen Euro bekommen haben. Echt jetzt? Knapp unter einer Millionen?! Meine Kinnlade musste ich erstmal wieder aus dem Sandkasten kratzen, um unser Gespräch weiter zu führen. Wie sie denn so viel Geld auftreiben könne, hab ich gefragt. Sie selbst geht schließlich seit fünf Jahren nicht arbeiten (Elternzeit von Kind eins und zwei) und trägt dadurch nix zum Familieneinkommen bei. Ihr Mann verdiene gut und die Familien unterstützten sie auch, erzählte sie. Tja… Wenn meine Mutter mich unterstützt, gibt‘s mal 100 Euro Zuschuss zu irgendeiner Anschaffung für die Enkel. Und darüber freue ich mich tierisch. Aber damit langt‘s höchstens für ein Lebkuchenhaus. Ein Kleines. Und darin kann man nicht wohnen. WIR können uns in DIESEM Leben sicher kein Haus leisten. Zumindest nicht, so lange wir nicht weit weg ziehen. Und dann bräuchten wir in „Weitweg“ natürlich trotzdem vernünftig bezahlte Jobs. Dilemma.
Aber ich brauche gar kein Haus zum Glücklichsein. Ein Garten wäre zwar schon schön aber umziehen ist zur Zeit leider nicht drin. Mein Mann nimmt dieses Mal keine Elternzeit. Auch dann nicht, um eventuell Monate zu überbrücken, wenn wir noch keinen Krippenplatz haben und ich wieder arbeiten gehe. Denn ich verdiene mit meiner 30-Stunden-Woche weniger als mein Mann an Elterngeld bekommen würde. Somit ist es für uns günstiger, wenn ich zu Hause bleibe und er weiter Vollzeit arbeitet. Ist das traurig oder was? Wenn wir drei Kinder hätten und alle in der Krippe unterbringen müssten (immer vorausgesetzt, dass wir überhaupt einen Platz bekommen), lohnt sich arbeiten für mich überhaupt nicht mehr. Weil mein Gehalt die Betreuungskosten nicht einspielt. Kinder sind ein Geldfaktor. Auch ganz real. Fiktiv ja sowieso. Weil einen kein Chef gerne einstellt, wenn er weiß, dass man mehrere Kleinkinder daheim hat.
Dass ich durch meine Kinder viel gelassener, geduldiger und organisierter geworden bin, zählt da nicht. Beziehungsweise reicht es einfach nicht an positiven Mutti-Eigenschaften um attraktiv für den Arbeitgeber zu sein. Ganz schöne Scheiße. Denn obwohl ich in 30 Stunden so viel arbeiten kann, wie vorher in 40 oder 50, kriege ich trotzdem weniger Geld. Auch wenn ich mich abends nochmal an den Laptop setze, um meine E-Mails zu checken und die ein oder andere Kleinigkeit erledige. Zählt nicht. Wird nicht bezahlt.
Und NOCH brauchen meine Mäuse nicht viel. Aber das bleibt nicht so. Meine Fast-Zweijährige äußert mittlerweile Wünsche. „Nohmal!“ ist ihr Schlachtruf. Egal, ob es um Eis oder Karussellfahrten geht. Und Madame liebt Röcke und Kleider. In Hosen lässt sie sich nur noch unter Protest stecken. Das macht mir nix. Ich erfülle ihr gern ihre Wünsche. Natürlich nicht immer und alles, aber es macht mir schon Spaß. Und ich möchte das nicht nur ihr, sondern all meinen Kindern ermöglichen. Bei unseren zwei Mäusen schaffen wir das. Wenn noch eine Dritte hinzu kommen soll, wird es schwierig. Und das finde ich verdammt traurig. Noch ist der Kinderwunsch nicht da. Nicht drängend. Nur ein Vielleicht im Hinterkopf. Aber ein bisschen Auskotzen übers Geld darf ja auch mal sein. Als Mama ist man finanziell eh die Angearschte.
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