Minderwertigkeitskomplexe

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Ich bin gut organisiert. Drei mal die Woche Sport, jeden Tag kochen, manchmal backen. Ein Baby und ein Kleinkind, die wunderbar unterhalten werden. Ein Mann, der sich um herrlich wenig Dinge kümmern muss und jede Menge Zwischenmenschliches im Kopf. Warum zum Henker fühle ich mich trotzdem so wertlos?

Es wird Herbst. Unsere Zoo-Jahreskarte hat sich nach zwei Monaten schon wieder amortisiert. Und Johanna sucht ihre geliebten Pinguine.

Mein Mann wird oft von mir angezickt. Hat er auch verdient, finde ich. Denn er steht echt oft auf dem Schlauch. Ein Beispiel: Er kommt abends heim. Knallt sich zwei Schüsseln Flädlesuppe rein, die ich gekocht habe. Ich bitte ihn, die Große ins Bett zu bringen, denn es ist schon halb acht und sie mega knatschig. Alles ist vorbereitet. Zähne schon geputzt, Kind satt und sauber. Das Baby ist ebenfalls todmüde. Das bringe ich bereits ins Bett (in unsere Fall auf die Couch – ich nehme sie mit rüber ins Schlafzimmer wenn ich auch ins Bett gehe). Also: Alle am quengeln, mein Mann schon zwei Schüsseln Suppe intus. Was sagt er? „Mach ich gleich. Ich hol mir nur noch mal ne Portion.“ Boah, echt ey! Da koche ich innerlich über. Also bekommt er die Ansage: „Nix is, erst Kind, dann futtern.“ Wieso finde ich das eigentlich selbstverständlich? Ich esse NIE vor meinen Mädels. Wenn, dann MIT ihnen aber ganz oft auch viel später erst. Wenn sie schon schlafen. Einfach weil ich vorher nicht dazu komme. Für meinen Mann undenkbar.

Schönes Wort übrigens. Undenkbar. Klingt fast wie unDANKbar. Und genau das ist mein Job hier ganz schön oft. Total undankbar. Ich werde angemault, befriedige ganztägig die Bedürfnisse von mindestens immer einem Menschen (und der bin nicht ich). Ich habe NIE, NIEMALS Pause. Ich darf am Wochenende nicht mal eben ohne Kind zum Einkaufen radeln. Weil Pauline neuerdings extrem fremdelt. Bisher konnte ich sie auch Freunden kurz in die Hand drücken, zum Beispiel um mal eben aufs Klo zu gehen. Oder dem Papa. Doch diese Zeiten sind vorbei. Mein Mann hat das ganz treffend beschrieben. Er sagte: „Sobald du mir das Baby gibst, läuft in ihr ein innerer Countdown ab. Er bewegt sich im Sekunden- bis maximal im Minutenbereich.“ Das stimmt leider. Nach spätestens zehn Minuten ist mein Paulinchen völlig außer sich, wenn ich nicht da bin. Sobald ich sie dann wieder auf dem Arm nehme, ist alles wieder gut. Manchmal schluchzt sie noch ein wenig, lacht mich aber schon wieder an. Meine Konsequenz daraus ist derzeit also: Ich mache nichts ohne mein Baby.

Viele Eltern denken sich an dem Punkt, dass das Kind da eben durch muss. Schließlich ist es dem Papa zuzumuten und sonst lernt das Kind ja auch nix. Ich sehe das anders. Im vierten, sechsten und achten Lebensmonat machen Säuglinge nachweislich extrem große Sprünge in ihrer Hirnentwicklung. Und wenn sie auf die Welt kommen, starten sie bei Null. Sie kennen nichts. Nur uns. Ihre Mamas. Wir geben Wärme, Nahrung, Geborgenheit. Und wenn mein Baby das gerade ganz offensichtlich einfordert, weil es das jetzt eben braucht, dann gebe ich ihm das. Meine Entscheidung. Und ich muss auch mit den Konsequenzen leben. Also bin ich immer und jede Sekunde für mein Baby da. Nach dem Mittag bin ich für beide Mäuse da und bis sie schlafen gehen, ändert sich das auch nicht. Haushalt und Organisatorisches mache ich nebenbei. Das ist manchmal kack anstrengend. Abends bin ich einfach nur erledigt.

Ich bin neidisch auf meinen Mann, der jeden Tag in die Arbeit fährt. Der kann in Ruhe aufs Klo, Kaffee trinken und hat sogar eine richtige Mittagspause! Ich habe es genossen, nach dem ersten Babyjahr mit Johanna wieder arbeiten zu gehen. Vor allem, aus den gerade genannten Gründen. Außerdem mache ich meinen Job auch ganz gern. Und mir fehlt einfach Anerkennung, für das, was ich tue. Bin ich damit alleine? Spinn ich? Ich bin frustriert. Und auch unDANKbar.

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