Krieg und Kinderwunsch
Das passt nicht zusammen, oder? In meinem Freundeskreis wird das Thema gerade heiß diskutiert. Denn da sind wieder viele Babys auf dem Weg. Manche (werdende) Mütter werden jetzt von Sorgen zerfressen. Ist es unverantwortlich, heute Kinder zu bekommen?
Heute wird’s mal politisch. So semi jedenfalls. Der Krieg in der Ukraine erschüttert die ganze Welt. Klar gibt es immer irgendwelche Unruhen und „kriegerischen Handlungen“ in irgendwelchen Ecken der Erde aber das tangiert uns Deutsche in der Regel wenig. Weit weg, geht uns nix an. Wir machen uns lieber Gedanken um fiese Chefs, zu hohe Mieten und vielleicht noch ein bisschen Corona. Obwohl das Virus nach wie vor wütet, scheint das seinen Schrecken verloren zu haben. Vielleicht liegt es einfach daran, dass wir müde sind. Immerhin leben wir seit über zwei Jahren mit dem Arschloch von Noppenball. So sieht das Teil jedenfalls aus.
Aber so ne weltweite Pandemie reicht ja nicht aus, um die Menschen in Schrecken zu versetzen. Deshalb legen wir noch einen Krieg obendrauf. Und dieses Mal findet er nicht am Ende der Welt statt, sondern in der Nachbarschaft. Zum Greifen nah quasi. Unsichere Zeiten sind das. In was für eine Welt werden unsere Kinder da gesetzt? In unserem Fall ist es für derlei Überlegungen ein bisschen spät, weil die Drei nun mal da sind. Das habe ich noch keinen Tag bereut aber ich mache mir schon Sorgen um unsere Mäuse. Johanna und Pauline haben schon nachgefragt. Denen haben wir versucht, kindgerecht zu erklären, was da gerade abgeht. Die sind ja lernfähig wie sonst noch was und flexibel sowieso. Johanna geht viel selbstverständlicher mit ihrer Mund-Nasen-Bedeckung um, als das die meisten Erwachsenen tun aber das nur am Rande. Als wir in der Kinderplanung waren, konnte man noch überallhin reisen, auf Konzerte gehen und musste nicht befürchten, dass der dritte Weltkrieg ausbricht. Was für eine Scheiße ist das jetzt also?
Jemand aus meiner Familie ist frisch schwanger (weshalb ich nicht verraten darf, wer es ist) und fragt sich gerade, ob das wirklich eine gute Idee war. Fragen sich ja die meisten werdenden Eltern an irgendeinem Punkt ihrer Schwangerschaft. Aber jetzt sind die Zweifel noch größer. Tatsächlich habe ich eine Bekannte, die sogar sagt, dass sie unter diesen Umständen abtreiben würde, weil sie nicht verantworten kann, einen unschuldigen Menschen in solch unsichere Zeiten zu setzen. Und das sagt sie nicht einfach so hypothetisch. Diese Entscheidung steht tatsächlich im Raum. Sie arbeitet mit ihrem Freund seit acht Monaten am Nachwuchs. Schon Corona hat sie zweifeln lassen und dafür gesorgt, dass der Kinderwunsch erst ein Jahr später, als ursprünglich geplant, in Angriff genommen wird. Vor gut zwei Wochen hat sie noch gehofft. Jetzt traut sie sich, trotz überfälliger Periode, nicht zu testen. Weil sie Angst vor den Konsequenzen hat. Das finde ich krass. Extrem drastisch. Aber sie steht mit dieser Meinung nicht allein da. Ich habe mit einigen meiner Mädels gesprochen und da geht der Tenor eindeutig in die Richtung: „Ich hätte schon noch gern ein weiteres Kind bekommen aber jetzt? Ich denke, dass die Familienplanung vorzeitig beendet wird. Ich bin dankbar für das, was ich habe und versuche die Zeit mit meinen Kindern noch intensiver zu genießen.“
Ich weiß nicht so richtig, wie ich zu dieser Einstellung stehe? Ich bin froh und dankbar, dass wir drei gesunde, kleine Narkpraserts dahaben und hoffe, dass sie es auch bleiben. Wir können unsere Kinder nicht vor allem Leid beschützen aber wir können sie so gut wie möglich, durch diese Zeiten begleiten. In der Hoffnung, dass irgendwann Weltfrieden herrscht, alle gesund bleiben und genug zum Leben haben. Genug für ein glückliches Leben. Mir persönlich fällt nichts ein, was einem mehr Hoffnung gibt, als Kinder. Denn sie sind zeigen uns immer wieder, wie Leben eigentlich funktioniert. Sie haben neue Idee, eine erfrischende Sicht auf Gegebenheiten und sie sind absolut rein. Es ist unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass sie es bleiben können. Doch wie soll das gehen bei all dem Irrsinn gerade? Wir werden es herausfinden. Müssen.
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