Kernkompetenz der Elternschaft: Maximale Flexibilität
Betreuungslösungen, Wohnung oder Haus, Arbeit in Vollzeit oder Teilzeit. Weiterbildungen, Operationen, Komplikationen. Was auch immer wir gerade auf dem Zettel haben, es läuft selten wie geplant. Und immer wieder müssen wir uns drehen, wenden und anstrengen. Wir planen um und neu, streichen und am Ende schaffen wir irgendwie alles. Die Frage ist nur: Zu welchem Preis?
Die Situation mit dem Haus belastet uns gerade sehr. Johanna hat in Anbetracht des bevorstehenden Umzuges ihren Selbstschutz aktiviert und lässt sich nicht mehr auf Beziehungen ein. Sie weigert sich rundheraus, im Hort Freundschaften zu schließen. Sagt sie auch so. Sie will keine Freunde, wenn wir eh bald wegziehen. Sie will nicht um noch mehr Menschen trauern. Autsch. Das ist schlimm reflektiert für eine Sechsjährige. Wir überlegen auch, den Hortplatz ganz aufzugeben. Spätestens, wenn ich meine letzte Prüfung am 7. November erfolgreich absolviert habe, sollte ich endlich wieder ein bisschen Luft haben und könnte sie selbst betreuen. Es sei denn, ich muss wiederholen, weil ich durchfalle. Bei meinem kleinen Job als Übungsleiterin beim Kinderturnen hab ich die Kids eh dabei. Aber wenn der Hauskauf doch noch platzt und ich mir in München einen richtigen Brot-Job suchen muss, könnten wir den Hortplatz doch wieder dringend brauchen. Das ist doch alles kacke.
Die vierjährige Pauline fragt mehrmals in der Woche, wann wir denn zur Oma ziehen. Der Elektriker ist inzwischen abgesprungen, weil wir uns nicht an den ursprünglichen Zeitplan halten können und unsere geplante Entrümpelungs-Aktion in den Herbstferien können wir auch nicht durchführen, weil wir den Schlüssel immer noch nicht haben.
Beim Notar-Termin Anfang September wurde uns in Aussicht gestellt, Ende September oder spätestens Mitte Oktober das Haus offiziell übergeben zu bekommen. Auf Nachfrage letzte Woche, erklärte der Rechtspfleger, dass es sich sicher noch sechs Wochen zieht. Wegen irgendwelcher Fristen, von denen wir bis dato noch nix gehört haben. Wir ziehen definitiv Ende des Jahres um. Wir haben Betreuungsplätze für die Kinder ab Januar. Im gleichen Monat werde ich voraussichtlich auch meinen neuen Job antreten. Vor Ort – also in der Nähe des neuen Hauses. Ein spitzen Umstand. Eigentlich.
Denn un-eigentlich wollte ich erst Bewerbungen schreiben, wenn der Umzug über die Bühne ist. Eben damit ich planen kann, die Kinder ordentlich ankommen können. Alle in Krippe, Kita und Schule eingewöhnt sind. Also frühestens im März. Aber da gab es dieses Stellenangebot und ich wär doof gewesen, wenn ich mich nicht beworben hätte, weils wirklich gut gepasst hat. Das wird auf jeden Fall auch noch ein Abenteuer. Ich bin dann vermutlich froh, mich wenigstens im Büro aufwärmen zu können. Während wir im Haus auf ner zugigen Baustelle rumhängen. Der Bauleiter hat jetzt für den Übergang Heizlüfter vorgeschlagen. Joar… Finde ich suboptimal. Und selbst die dürfen wir erst rein stellen, wenn uns das Haus auch offiziell gehört. Uns sind also so richtig die Hände gebunden. Und das ist schwer. Um das Warten irgendwie sinnvoll zu verbringen, organisieren wir alles, was irgendwie geht. Die Müllpreise der Gemeinde kenn ich jetzt auswendig. Autos sind probegefahren und ausgesucht, An- und Abmeldungen vorbereitet. Jetzt braucht es wirklich nur noch das richterliche „GO“. Bis dahin überlege ich mir, was ich heute in der Kinder-Turn-Stunde mache. Es soll einen Herbst-Ausflug in die Berge geben. Also nachgestellt. Mit Bänken, Matten und Co. Wahrscheinlich wollen die Kinder aber eh lieber Monsterfangen spielen. Ist mir auch recht. ICH bin ja flexibel!
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