Das Muttertier
Es gibt geborene Mütter und welche, die ihre Mutterschaft bereuen. Dazwischen gibt’s um die 764.982 Variationen. Zu welcher gehöre ich eigentlich?
Gerade eben bekam eine Arbeitskollegin ihr erstes Baby. Die Geburt verlief dramatisch und doch ist sie eine dieser selig lächelnden Wöchnerinnen, die sich erst komplett auf dieser Erde fühlen, seit sie ein Baby in den Armen wiegen dürfen. Sie gehört zu jenen jungen Frauen, die auch schon immer total auf niedliche Babyvideos standen. Ich war nie eine von ihnen. Kinder waren mir suspekt. Dass ich von heute auf morgen ganz dringend selbst welche wollte, hat mich völlig überrollt. Und doch ist da etwas in mir. Etwas evolutionsbiologisch tief verankertes, das schon immer da war. Ganz tief vergraben aber da.
Dass einem das Herz blutet, wenn man ein Baby weinen hört. Dass man sofort hin sprinten möchte, um die Hand vor seine Stirn zu halten, wenn ein Kleinkind in Richtung Tischkante torkelt. Solche Sachen eben. Und die ganze Schwangerschaft mit Johanna über habe ich mich gefragt, ob ich das überhaupt kann – Mamasein. Ob ich erraten kann, was meine Tochter braucht, wenn sie weint. Und was war? Alle Gedanken umsonst gemacht. Mutterschaft ist etwas Instinktives. Das kann man einfach. Weil wir Frauen dafür gemacht sind. Kinder sind der Sinn unseres Lebens. Schon rein biologisch. Ziel und Streben einer Spezies ist der Selbsterhalt, also Fortpflanzung. Und deshalb bringen wir diese kleinen, hilflosen Knochensäcke tatsächlich irgendwie durch. Dass der Mensch überlebt hat, ist mir öfter mal ein Rätsel. Zum Beispiel wenn meine bald Dreijährige daran scheitert, sich die Jacke überzuziehen. Und dann frustriert „Ich kann das nicht!“ brüllt. Joar… Aber wir sind immer noch da! Weil wir eine Mama hatten. Eine, die uns angeleitet und beschützt hat. Bei manchen Menschen war diese „Mama“ eine andere Person als die biologische Mutter aber wir brauchen definitiv jemanden, der sich um uns kümmert.
Ich kann das ziemlich gut. Genau wie 98 Prozent der anderen Mütter. Manche haben es sofort raus, sobald das Baby auf die Welt getropft ist, die meisten lernen es zusammen mit ihren Kindern. Denn wie sagt meine Hebamme so schön? „Nicht nur das Baby, auch die Mutter wird geboren.“ Recht hat sie. Deshalb finde ich es auch so traurig, dass es Mütter gibt, die gar nicht glücklich sind in ihrer Rolle. Es ist eigentlich nie wirklich das Baby an sich, das stört. Aber die Umstände. Eine Freundin sagt öfter mal so etwas Verstörendes. Sie hätte ihr Kind nicht bekommen dürfen. Sie sei so gerne allein für sich. Da war die Entscheidung zum Kind total dämlich. Und dass sie sofort abtreiben würde, wenn sie nochmal schwanger wäre. Uff. So hart das klingt, so nachvollziehbar finde ich es. Ein Baby verändert dich. Es weckt Seiten in dir, von denen du selbst nicht wusstest. Ich fühle mich zum Beispiel viel erfüllter. So anstrengend es manchmal auch ist, weiß ich doch jeden Tag wofür ich aufstehe. Für das Beste, was ich je in meinem Leben gemacht habe.
Und ich will wieder arbeiten. Wobei das mit dem Arbeiten und den Kindern gerecht werden kein Spaziergang ist. Aber bereue ich die Kinder? Keine Sekunde. Ich würde sie immer wieder bekommen, weil es mir geht, wie den allermeisten Mamas. Mit der Ankunft der Kinder rastete eine kleine Stellschraube im Universum ein, die sich zuvor ziellos drehte. Ich bin für diesen einen Job gemacht. Ich bin eine Mutter. Aber eben auch noch so viel mehr.
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