Babys 75. Woche: Beschäftigungsverbot?
Das Kind ist krank und ich auch. Wir hängen zusammen auf der Couch in der stillen Wohnung und dösen vor uns hin. Wir essen nicht. Wir spielen nicht. Wir fiebern und wir husten. Also doch zum Arzt. Und was der sagt, ist eine Überraschung.
Zuerst ging es zum Kinderarzt. Schließlich geht meine Püppi vor. Die arme Maus hat bis zu 40°C Fieber und laut Doc eine Mittelohrentzündung. Ob ich eine Krankschreibung für die Arbeit brauche? Nein. Vorerst nicht. Heute Nachmittag gehe ih eh zu meinem Hausarzt um mich durchchecken zu lassen. Mein Husten löst sich sogar schon, so dass ich gurgelnd und brummend etwas abhusten kann. Sobald ich das tue (es ist ein Reflex) zieht es sofort unangenehm im Babybauch. Aua, echt!
Nach einem unruhigen Mittagsschlaf und ohne Mittagessen für Maus oder mich, hängen wir am Nachmittag in der Praxis meiner Hausärztin. Schon wieder! Wir müssen nicht lange warten und kommen praktisch sofort nach dem Ablegen der Klamotten dran. Hat was für sich, mit Kugelbauch und Kleinkind aufzulaufen. Ich muss beim Arzt eigentlich nie lange warten, wenn ich schwanger bin und / oder Johanna dabei hab. Das ist auch gut so. Denn ich will nichts weiter, als auf die Couch.
Meine Hausärztin diagnostiziert eine Bronchitis. Das ist nicht nur unangenehm, sondern sogar gefährlich für mein ungeborenes Baby. Der Husten wirkt sich vermutlich direkt auf den Muttermund aus. Daher die Schmerzen im Unterleib. Ich soll mich dringend schonen. Sagt sie. Doch das ist allein mit meinem Arbeitsweg gar nicht machbar. Als meine Hausärztin hört, wie ich meine Tage bestreite, runzelt sie die Stirn. Fragt mich nach weiteren Beschwerden und ich rattere ihr runter, was mir alles wann weh tut. Das alles sei gar nicht gut, meint sie. Wenn ich so weiter mache, gefährde ich nicht mehr nur meine Gesundheit, sondern letztlich das Leben meines Babys. Harte Worte! Doch wie es wirklich steht, realisiere ich erst, als sie mir ein Beschäftigungsverbot ans Herz legt.
Ein BV? In meiner Branche? Das bekommen doch nur Frauen, die in der Arbeit einer unmittelbaren Gefahr ausgesetzt sind! Altenpflegerinnen, Krankenschwestern oder…? Aber als Redakteurin? Gut, wenn ich länger als zwei Stunden sitze, hab ich das Gefühl, mein Becken bricht in der Mitte auseinander, der Arbeitsweg ist wegen der Symphysenschmerzen eine Qual und ja, der Bauch wird oft hart tagsüber aber wie sieht denn das aus, wenn ich wirklich ins BV geschickt werde? Bei Johanna war ich super fit und hab bis zum Mutterschutz gearbeitet. Nix mit Urlaub oder Ausruhen vorher! Doch meine Hausärztin redet mir ins Gewissen. Ich soll mir überlegen, was wichtig ist. Das Leben meiner ungeborenen Tochter oder eine gute Arbeitnehmerin sein zu wollen? Ich soll meinen falschen Stolz runter schlucken. Was Chef und Kollegen denken, ist jetzt nicht mehr relevant. Ich würde mir nie verzeihen, wenn meinem Kind etwas passieren würde, nur weil ich ein schlechtes Gewissen wegen der Arbeit habe.
Zur Sicherheit gehe ich am folgenden Tag zur Frauenärztin. Ich habe eh eine reguläre Untersuchung. Das dritte Screening steht an. Und auch diese Ärztin erzählt mir das Gleiche. Dem Baby gehe es gut. Noch. Ich soll dringend kürzer treten. Und der Arbeitgeber hat mehr von einem Beshäftigungsverbot als von wochenlanger Krankschreibung. Jetzt sind es eh nur noch fünf Wochen bis zum Mutterschutz. Sie stellt mir den Schein jetzt aus und Basta. Und zack – bin ich aus dem Verkehr gezogen. Ich darf nicht mehr arbeiten bis zum Mutterschutz. Krasse Vorstellung.
Es ist Januar und ich werde dieses Jahr nicht mehr arbeiten. Ich konnte mich nicht verabschieden. Ich hab mein Zeug noch auf dem Schreibtisch liegen aber ich muss mir eingestehen, dass ich unheimlich erleichtert bin. Keine zwei Stunden in die Arbeit gondeln, kein stundenlanges Sitzen. Ich habe den ganzen Vormittag Zeit um auf der Couch zu liegen. Mit Wärmflasche im Rücken. Das ist wunderbar. Doch das schlechte Gewissen bleibt. Was die Kollegen wohl dazu sagen? Und wann höre ich endlich auf, diese fürchterlichen Jammer-Beiträge zu schreiben? Ich geh mir damit schon selbst auf den Sack!
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